Mein Kind zieht aus – und hinterlässt alte Erinnerungen

Was mir, als Pädagogin, keiner vorher sagte!

Den Weg in das Leben mit Kind, aus dem dann ja plötzlich zwei Kinder wurden, war ja bekanntlich etwas holperig. Zum einen wollte ich eigentlich nie Kinder, zum anderen wollte ich dann meine Kinder über alles auf der Welt beschützen und zu tollen kleinen Menschen verhelfen. Außerdem wollte ich eine gute Mutter sein – welche Mutter will das nicht? Das Kapitel heut wird wohl eines meiner emotionalsten und ehrlichsten. Zumindest ist dies aus meiner Sicht gesprochen. Du kannst natürlich kurz grübeln und sagen: hui, was kann denn noch schlimmer sein als seine Kindheit vergessen zu haben wegen der wohl schlimmsten Sünde eines Erwachsenen? Das sage ich dir gerne. Der Schmerz und Verlust einer Mutter ihres eigenen Kindes.

Ich nehme dir jetzt leider einige weit verbreitete Annahmen über Mütter:

  • Mütter lieben ihre Kinder immer, aber nicht zu jeder Zeit.
  • Mütter haben keinen natürlichen Instinkt was gut und was schlecht ist – und schon gar nicht im Affekt.
  • Mütter können nicht immer klar denken, besonders dann nicht, wenn sie übermüdet, selber überlastet und eine fehlgeleitet Selbstwahrnehmung haben.
  • Mütter entscheiden sich nicht immer für ihr Kind.
  • Mütter haben durchaus Momente in denen kurz die Frage aufkommt, ob sie bescheuert waren, als sie sich Kinder wünschten.
  • Und ja, auch Mütter finden ihre Kinder gelegentlich zum kotzen, unmöglich und würdig sie sofort herauszuschmeißen.

Mir ist bewusst das jetzt mindestens 50 % der Menschen einen Aufschrei von sich geben. Erbost und entsetzt über meine Aussage sind. Ja, macht nichts. Die Wahrheit tut weh. Allerdings tut sie auch den Müttern weh. Denn diesen Müttern entgeht es nicht, dass sie genau so denken und handeln – ab und an. Und ein ganz großer Unterschied zu den Müttern die ihre Kinder wirklich in Gefahr bringen. Sie bewusst schlecht behandeln und sie letztlich verlieren – entweder mental oder sogar in real. Du weißt genau was ich meine. Dazwischen liegen meilenweite Abstände. Ich kann das mit solch einer Gewissheit sagen, weil ich a) beruflich all diese Seiten und Emotionen wie Handlungen gesehen habe. Diese verletzen Kinderseelen und auch diese verzweifelten Mütter. Mütter die sich grämen, was sie falsch machen, warum sie nicht „perfekt“ sind wie ihre Freundinnen aus dem Krabbelkreis, Stillkurs oder Vorschulgruppe. Und b) ich selber und in meinem engsten Freundeskreis genau diese Mutter bin und habe. Wir wollen unsere Kinder perfekt und bestmöglich begleiten und großbekommen. Aber das Leben ist nun einmal nicht perfekt. Und genau so wenig sind wir oder unsere Kinder perfekt. Und ich haue noch einen raus der dich vermutlich verstören wird. Es kommt sogar vor das Mütter und ihre eigenen Kinder sich einfach nicht vertragen. Egal was beide Seiten machen, es will nicht klappen. Natürlich ist da ein ganzes Fass an Fehlentscheidungen, Fehlhandlungen und noch mehr von diesem Fehlen passiert. Aber das ist das verdammte Leben. Und das erzählt dir leider vorher niemand. Und wenn du das laut aussprichst das du so Lust hättest deinem Kind mal richtig die Meinung zu sagen ( von anderen Gedanken will ich hier gern Abstand nehmen) dann bist du wirklich nicht ehrwürdig ein Kind haben zu dürfen, und andere Frauen wünschten sich so sehr Kinder und du tritts dein Glück förmlich mit Füßen. Fuck You Bitch!

Du hast leider keine Ahnung von meinem, unserem Leben. Und Gott soll dir bitte immer die Kraft und Ruhe geben, dann irgendwann dein perfektes Leben genau so zu schenken wie du es dir in deiner Wunschwelt ausgemalt hast. Während du über andere nichtperfektemütter urteilst. Zurück zu meiner nicht ganz perfekten Welt mit Kindern. Ich hatte also Zwillinge geschenkt bekommen. Und schon in der Schwangerschaft war absehbar das ich die kleinen Zwerge wohl vorerst allein großziehen werde. Aber hey, ich bin Pädagogin, das kann ich. So schlenderte ich also mit Freundinnen und den Kindern durch die kleine unperfekte Mutterwelt. Wie und was da mit meinem Mann und dann späteren Papa der Zwei wurde kennst du schon. Wenn nicht, lies einfach den letzten Blog. Ich nahm meine Berufstätigkeit wieder auf als die Kinder 3 waren. Schön mit Kitaplatz, Eingewöhnung und reichlich Tränen meinerseits. Herrje, ich bin doch Profi. Sie hatten sich, ich hatte sie nicht. Aber, man glaubt es nicht, wir haben es schnell geschafft und die Routine holte mich zackig ein. Ich musste leider einen Vollzeitplatz in Anspruch nehmen, da mein AG keinen Teilzeit-Vormittagsarbeitsplatz für mich hatte. Somit mussten die Kids früh in die Kita und ich erst Stunden später anfangen, aber dafür bis nachmittags arbeiten. Somit war auch ihr Tag ein Vollzeittag. Es stresste und war alles andere als schön. Wir hatten keine Wahl. Mein Gewissen rührte sich schnell. Ich konnte das nicht gut ertragen. Stetig versuchte ich sie früher abzuholen, ihnen die Zeit außerhalb der Kita besonders schön zu machen. Dann kam die Grundschulzeit. Gleiches Spiel. Wir wohnten ja außerhalb, unsere Schule war aber in der Stadt meines AG. Somit hatten die Kinder auch den gleichen Fahrtweg und die gleichen langen Tageszeiten wie ich. Wir waren aneinander gekoppelt. Verabredungen für die Kinder waren stressig, mit viel Organisation und Aufwand verbunden. Somit kam dies auch nicht so oft vor. Und zu uns auf das Land kamen die Stadtmenschen eh nicht gerne – zu weit weg. Der Freundeskreis drehte sich als mehr in der Schule und Hort um die Kinder. Wieder hatte ich ein schlechtes Gewissen. Wir sind anders, wir sind falsch gesteuert. Das muss doch besser gehen. All solche Gedanken. Es ging aber nicht besser. Unsere Betreuung hier auf dem Land war so dermaßen schlecht, damit hätte ich nicht einmal eine 50% Stelle abdecken können. Heute nach 18 Jahren ist das deutlich besser. Mein Mann konnte nicht gut aushelfen. Wir hatten nur ein Auto, welches ich brauchte. Und das Zweite wär zu teuer. Ab der 2 Klasse zeigten sich die ersten echten Sorgen. Die Mädels sind in eine Klasse gekommen, wegen der Zeitaufteilung einfach praktischer. Im Kindergarten hatten sie getrennte Gruppen. Getrennte Elternabende, getrenntes Basteln, Feiern, Übernachten und all diese Elternverpflichtungen. Das konnten wir teilweise gar nicht mit Urlaub und Freizeit aufholen. Also sollte das in der Schule einfacher werde. So dachten wir. Da klopfte das Leben an und lachte sich schlapp. Sie zankten, buhlten um Aufmerksamkeit bei den Lehrern und überboten sich in Freundschaftsgewinnung. Kurzum, sie standen sich selbst im Weg. Hinzu kam das Kind 1 eher durchschnittlich normal im Lernen und Mitmachen war. Kind 2 leider mit einer Dyskalkulie und einer LRS zu tun hatte. Eine gute Mutter rennt natürlich von a-z überall hin um die beste Förderung zu organisieren. Zeitgleich entschieden wir, die Kinder zu trennen und die 3. Klasse zu wiederholen. Und zwar beide Kinder. Man versicherte uns das es Kind 1 nicht schadet, eher wenn sie nicht wiederholt. Der Leistungsunterschied und Druck untereinander wäre zu groß. Wir glaubten alles, sind ja gute Eltern. Nach der Wiederholung lief es eindeutig besser, untereinander und in der Thematik Schule. Wir überstanden also auch die Grundschule mit einem dann doch recht passablen Ergebnis. Die Zwei mussten nach Schulschluss mit dem örtlichen Linienbus 3 Haltestellen in den Hort fahren. Und das ab der 1 Klasse. Früher hätte kein Hahn sich daran gestört – heute und damals wurden die Stimmen lauter: wie, ihr lasst die 7-jährigen MÄDCHEN alleine mit dem Bus fahren? Ja, das taten wir. Wir hatten nämlich keine Wahl und ich trauten unseren pfiffigen, klugen Mädchen das durchaus zu. Mein Mann übte es selbstverständlich ausreichend mit ihnen und er wurde auch deutlich darauf hingewiesen von ihnen, das sie es nun echt könnten. Und wie sie das konnten! Sie waren nämlich so pfiffig das sie sich von ihrem Taschengeldern vom Kiosk noch vor dem Hort ihren Vorrat besorgten. Es fiel irgendwann auf, da der Bus schon da war, aber die Zwei erstaunlich lange für die 30 Meter von der Haltestelle bis in den Hort brauchten. Die Erzieherin fand dann heraus das sie eine Haltestelle weiter fuhren, shoppten und das Stück dann zurück rannten. Dumm waren sie nie. Wirklich sauer waren wir nicht. Was haben wir uns als Kinder alles einfallen lassen. 😉

Mit dem Wechsel in die 5 Klasse endete natürlich auch die Hortbetreuung. Dann hieß es, Bus Zug Bus. Auf dem Land ist das völlig normal. Damit hatte ich echt Sorgen. Ich konnte sie jeden Morgen mitnehmen, musste doch eh an der Schule vorbei. Kind 1 fand das gut, sie war und ist keine Frühaufsteherin. Kind 2 hat richtig Rabatz gemacht. Sie will mit den anderen fahren, das sei ja wohl uncool. Sie wollte dazugehören. Gut, dann ist auch Kind 1 mitgefahren, auf eigenen Wunsch. Sie wollte ihre Schwester nicht allein lassen. So fing das wirkliche Elend an. Kind 2 begann abzudriften. Sich mit Kindern zu treffen die nicht ihrem Alter entsprachen, eine eigene Geschichte hatten und generell eher die „besonderen“ Kinder der Gegend waren. Das zog sie magisch an. Es dauerte nicht lange bis wir Nachricht über heimliches Rauchen, herumtreiben am Bahnhof und Aufmüpfigkeit in der Schule zu hören bekamen. Sie schloss Freundschaft mit den Kindern aus der Nähe, die sich in einer Wohngruppe befanden oder in der Notaufnahme waren. Sie holte sich Tipps und war nicht abgeneigt dort Einzug zu halten. Das erfuhren wir später. Zeitgleich begann sie hier zu Hause reißaus zu nehmen. Sie wollte nicht mehr mit uns zum Einkaufen fahren, wollte nicht mehr mitkommen, wenn wir etwas unternahmen, blieb lieber bei den Nachbarn, Senioren die sie irgendwie wie ihr Ziehenkel ansahen. Zuerst dachte ich das sie uns einfach blöd findet. Das wir langweilig sind, das wir nicht zusammen passen. Das Verhältnis unter den Schwestern wurde so schlimm. Es war nicht mehr zu ertragen. Streit, Aggression, Wut und richtiger Hass. Ich kann es nicht anders sagen. Kind 1 blieb bei uns. Wenn ich das so sagen kann. Kind 2 hasste uns, und alles was mit uns zu tun hatte. Dieses Gefühl ist schrecklich. Irgendwann bin ich als Mutter wohl falsch abgebogen, habe sie an der Weggabelung vergessen oder verloren. Sie rebellierte – mit 10 Jahren – wie eine Große! Und ich war ratlos, hilflos und verzweifelt. Ich wollte kein Kind was mir verloren geht. Ich wollte keine Schwestern die sich von Geburt an durchs leben kämpften und nun keine Verbindung mehr hatten. Ich kämpfte wie eine Löwin und nun das. Was ist passiert? Diese Frage stelle ich mir noch heute und noch heute bekomme ich keine Antwort. Du kannst dir nicht vorstellen wie tragisch und schmerzhaft das ist. Für mich und uns ALLE war es ein Horrorhaus ohne Ausgang. Ich möchte gar nicht so sehr ins Detail gehen, aber einige Schlüsselerlebnisse scheinen eine tragende Rolle zu spielen, die ich nicht zuordnen und einschätzen kann. Es ist eben nur bedingt meine Geschichte. Du kannst dir deine Familie nicht aussuchen. In Stichworten waren es wohl diese:

Papa war krass strenger als ich – die Kinder mussten sich oft entscheiden zu wem sie gehen und an wessen Seite sie stehen wollten. Ich hatte mit übermäßig schlechtem Gewissen zu tun. Bis heute habe ich mir den größten Rucksack an Eigenschuld auferlegt. Die Freizeit war viel geprägt von Freiheiten aber auch feste eingebundenen Regeln durch uns. Eigentlich normal, so dachte ich. Wenig bis keine Kinder in ihrem Alter hier in der Nachbarschaft. Identitätskrise durch das Ebenbild einer Schwester die angepasster und unauffälliger war.

Hinzu kamen eine kindliche Verliebtheit in einen Nachbarsjungen. Wir wissen bis heute nicht was da war. Er war etwa 5 Jahre älter als sie. Laut Chatnachrichten, die wir irgendwann einsehen konnten (scheiß soziale Medien) drängte er sie zu sexuellen Handlungen. Ob sie diese vorher schon hatte, machte oder wollte ist uns nicht bekannt. Sie offenbarte uns irgendwann das er sie dazu erpresste. Mein Mann nahm dies in die Hand und traf sich mit diesem Jungen zu einem gefakten Date. Er stritt alles ab, war aber ja da um genau das mit ihr zu tun. Wir waren verzweifelt. Was macht man nun? Dem Kind uneingeschränkt glauben und die Welt auf links drehen. Sie hatte uns zu dem Zeitpunkt schon so sehr in Zweifel geführt, belogen und ausgespielt. Ich konnte nicht anders, ich bestand auf eine Strafanzeige. OH HALLO EIGENE VERGANGENHEIT, schön das du auch noch da bis. Mein Nervenkostüm begann die Fäden loszulassen. Wir sind also zur Kripo für Sexualdelikte. Alles in die Wege geleitet, und gewartet. Monate später kam die Nachricht. Verfahren eingestellt wegen „kindlicher Verliebtheit“. Er beteuerte seine Unschuld. BÄM. Da stehst du nun. Wem glaubst du, was glaubst du und was machst du nun? Da waren wir also, mit all dem Zeug allein. Das Kind war längst aus ihren eigenen Fugen geraten, die Mutter auch, der Vater versuchte irgendwie eine Normalität aufrecht zu halten. Die Schwester war einfach nur noch genervt von den Eskapaden der Schwester. Wir waren Stammkunden in der Schule. Ich möchte hier ehrlich zu Protokoll geben das wir ganz sicher nicht alles richtig gemacht haben. Wir waren ungnädig, aggressiv, und ja, mir ist die Hand ausgerutscht. Ich schäme mich heute dafür und ich kann das nie wieder gut machen. Mit dieser Schuld muss ich leben. Ich habe mich tausendmal für mein Benehmen und meinen Kontrollverlust entschuldigt. Aber was ist schon eine Entschuldigung. Ich hatte nach Feierabend mit meinen eigenen, streitenden, weinenden und unausgeglichenen Kindern teilweise den Ritt des Teufels im Gepäck. Wir drei waren unausstehlich und so benahmen wir uns auch. Die Autofahrten nach Hause waren immer zu einer Reise ins Horrorkabinett geworden. Nur das ich als Erwachsene und Profi nicht in diese Höllenparty hätte einsteigen dürfen. So liebe:r Leser:in, entschiede du hier an dieser Stelle wie gut und natürlich alle Mütter ihren Job immer machen müssen und auch können. Und hier kommen mir Vergleiche zu meiner eigenen Mutter. Auch die kann ich nicht von der Hand weisen. War nicht auch meine Mutter überfordert, verzweifelt, vom Ehemann betrogen und in einer völlig illusionären Welt geraten? Der deutschen Sprache nicht mächtig, keinen familiären Rückhalt und selber noch ein Kind als ihre erste Tochter geboren wurde? Ja, das war sie. Und ja, mein Tochterverständnis sagt mir das ich ihr nichts vorwerfen DARF. Wie um alles in der Welt darf und kann ich Unterschiede von ihr zu mir machen? Ok, wir holten uns Hilfe. Wir nutzen jeden verschissenen Gesprächskreis, jeden Kinderpsychologen und jede verdammte Supernanny – kein Witz. Das tat und tut meine Mutter bis heute nicht. Ich kam an dem Punkt wo mir mein Job, meine Position und mein Ruf gern mal den Buckel runterrutschen konnte. Entweder irgendwer half uns, oder es hätte Tote gegeben. Ja, so war es damals. Mein Mann und Kind 1 hatten die Nase gestrichen voll. Sie wollten nicht mehr reden, verstehen, akzeptieren und ständig mit fremden Menschen das Verhalten von Kind 2 und dem häuslichen Umfeld in Frage stellen müssen. Sie hatten es satt, meine Engelsgesänge zur Bitte der Teilnahme anzuhören. Und später erzählten sie mir beide, das sie es kaum ertragen haben mich so erfolglos kämpfen und leiden zu sehen. Sie wollten endlich Ruhe und ihr Leben zurück, Oh ja, wie sehr ich das auch wollte, aber nicht ohne meine Tochter. Wenn du dann plötzlich vom Jugendamt eine Frau älteren Kalibers in der Küche sitzen hast, die dir sagt wann du zu essen hast, wie du in welche Reihenfolge am Tisch zu sitzen hast, welche Unternehmungen und welche Gespräche du mit deinen Kindern und deinem Partner führen solltest, dann hast du die Kontrolle über ALLES verloren. Und diese Dame sollte ganz 3 Monate jeden gottverdammten Tag bis zu 4 Stunden bei mir einziehen! Ja nun, was macht man nicht alles als gute Mutter und gute Pädagogin. Wobei ich das mit der guten Pädagogin da schon abgehackt hatte. Die war ausgezogen aus meinem Glaubensbuch. Ich kämpfte jetzt also nicht nur gegen mich, gegen meinen Mann und meine Tochter 1, nein ich kämpfte nun auch noch mit sämtlichen Institutionen. Die Supernanny kam nur 1 Woche. Hoffnungsloser Fall. Sie gab auf und Kind 2 feierte ihren Sieg. Die nächste Institution versuchte es.

Ein weiterer Vorfall war dann in etwa so: Kind 2 war völlig aufgelöst – vermutlich unter Drogen oder Alkohol. Das war ihr nämlich längst schon ein treuer Begleiter geworden. Aber eine gute Mutter sieht das sofort. Nur ich nicht. Mein Mann ahnte es, sagte es, predigte es. Gebetsmühleartig. Kind 1 erwähnte auch, dass einiges schief lief. Ich wollte es ja lösen, ich wollte das geradebiegen. Ich konnte es nicht. Keine Supermutterkraft hat es bis zu Kind 2 geschafft. Sie also völlig verstört. In einer Zehntelsekunde sagte sie mir das ihr Opa ihr etwas angetan hat. Schock! Mein erster Flashback. Bewusst und nicht wieder einzufangen. Ich war handlungsunfähig. Was sollte das? Die Geschichte mit dem Nachbarn war ins Leere gelaufen. Und nun das? Meine Gefühlswelt war ein Trümmerhaufen. Wem sollte ich noch glauben, wem konnte ich noch glauben. Ich hatte panische Angst. Ich hatte noch größere Wut und absolutes Versagen in mir und gegen mich. DAS war eine Sache die ich verbockt hatte! Ich hatte ihr, gegen all meiner inneren Abneigung gegen mein Exelternteil, erlaubt bei ihm in der Gartenlaube erlaubt zu nächtigen. Dort war doch auch meine Tante, gleich nebenan. Mit dem Enkelkind. Ich habe mir dabei nichts gedacht. Warum auch, zu diesem Zeitpunkt war ich ja noch die NICHTmissbrauchte Frau. Mein Kopf stellte sofort auf LEERLAUF. Ich konnte schon am nächsten Tag nicht mehr den genauen Wortlaut wiedergeben. Ich habe partielle Amnesie, wenn es um solche Themen geht. Das ist kein Witz, es ist Fakt. Eines meiner Geschenke aus der Kindheit. Verstehst du meine missliche Lage? Ich möchte noch heute schreien, so laut und heftig wie es nur geht. Aber es kommt kein Ton. Ich bin noch heute gelähmt. Gelähmt von Misstrauen mir gegenüber. Ich glaub mir ja nach wie vor nicht das ich so ein Opfer bin. Es gibt doch keine Beweise! Aber jetzt kommt jemand – JEMAND- meine TOCHTER- die sagt das ihr etwas passiert ist. Ich fragte sie natürlich was. Ich bekam keine Antwort. Nicht damals und nicht heute. Sie ist eine Zeitzeugin, sie ist mein Schlüssel zu meiner Kindheit, vielleicht. Aber kann ich sie nötigen? Und wird es mir helfen? Was ist wenn sie sagt das es nicht stimmte, das es nichts mehr an Erinnerung gab, das es nicht so war wie ich es mir vorstelle. Was ist wenn sie es deutlich benennen kann. Ich bin ehrlich. Ich wünschte es mir. Und das ist meine Todsünde! Wie kann ich mir das wünschen? Ich wünschte es mir, damit ich mir selber glauben kann. Wenn es ihr dann kann es mir auch passiert sein. Wenn es ihr nicht passiert ist, dann ist es bei mir ja nur ein „Tochterwunschgedanke“. Eines dieser ewig erotischen Gedanken die Teenager so haben mit ihren Vätern. ODER? Liest du mein Wirrwarr? Mein gedankliches Chaos seit Jahren? Es war also nicht nur ein Drama für unsere Familie, für unsere Tochter, für mich. Nein es war eine Lebensentscheidung. Eine die meine dunkelste Seite zum Vorschein bringt. Noch heute. Und sogar meine Flashbacks könnte das doch erklären. Projizierte Vorstellung was mein Kind wohl erlebt hat? So könnte es doch sein. Oder einfach nur eine verschissene Wiederholung eines pädophilen Verwandten! Der seine Chance genutzt hat. Aber ich kann es nicht mehr ändern, nicht wieder gut machen, nicht einmal helfen. Sie redet nicht. Nach dieser Offenbarung ging nichts mehr. Sie brach aus, rannte weg und trieb sich beim Nachbarsjungen herum. Nicht DER! Ein anderer. Eine gestörte Seele, so wie sie. Sie haben sich gefunden. Damals. Sie rasierte sich den Kopf, ritze sich, betäubte sich. Er, der Junge, beschimpft mich nun auch. Hetzte gegen mich und wurde aufmüpfig. WAS habe ich bloß falsch gemacht. Mein Sergeant sagte einmal- eigentlich tausendmal- NICHTS. Sie können beim ersten Kind nichts Falsch machen, sie wissen es nicht besser. Sie haben ihre Geschichte und sie haben immer ihr Bestes gegeben – das was sie zu dem Zeitpunkt in dieser Phase, an dem Tag oder wann auch immer, geben konnten. Sie können sich in den Spiegel anschauen und werden keinen Fehler finden, der dieses Drama hätte aufhalten können, wenn sie es anders gemacht hätten. Kinder sind nicht unser Abbild, Kinder sind nicht unser Eigentum und Kinder treffen ab einem bestimmten Alter ihre eigenen Entscheidungen. Ob es uns gefällt oder nicht. Und ob das Alter richtig ist oder nicht. Der einzige Konflikt ist unser Anspruch und das Gesetzt den Kindern verpflichtet zu sein sie zu schützen. Aber wann ist der Schritt zu groß und Sie als Mutter können diesem großen Schritt nicht mehr voraus sein um den Fall aufzufangen. Ja, wann? Wann ist das PERFEKTEMUTTER sein nicht mehr ausreichend? Wir bereiteten uns mit dem Jugendamt auf das Schlimmste vor. So dachte ich. Sie zog eines Tages aus. Sehr jung – in meinen Augen viel zu jung. Wo war meine Zeit mit ihr hin? Wann wurde mir diese gestohlen? Ich war noch nicht fertig mein Baby zu halten. Wer hat das zugelassen? Ich musste zusehen wie die Polizei sie mitnahm, auf ihren eigenen Wunsch rief sie diese. Sie beschuldige uns, ihr die Freiheit zu nehmen, weil wir die Fenstergriffe abnahmen, und die Tür abschlossen. Sie zur Ruhe bringen wollten, ihr nicht die Chance auf eine weitere Nacht irgendwo bei irgendwem mit irgendwelchen Substanzen. Ist das nicht die Pflicht einer guten Mutter, eines guten Vaters? Nein, das Gesetzt verbietet das. Wir lernten täglich dazu. Sie blieb bei der Polizei und kam in die Notaufnahme der Jugendhilfe. Ach guck, ihr großer Plan kam näher. Dort verweilte sie einige Wochen, Skurril, diese war nur 1 km von uns entfernt. Es machte mich fertig. Ich hätte sie anfassen könne, sie nehmen könne, sie im Arm halten, aber ich durfte nicht. Ich konnte auch nicht mehr. Die Entscheidung war gefallen. Das Kind kommt ins Heim. In eine therapeutische Wohngruppe. Puhhhhh, Therapie hört sich gut an – so dachte ich. HALLO LEBEN; du schon wieder. Was ist so lustig? Die therapeutische Wohngruppe entpuppte sich als Freifahrtschein für Elterntyrannisierung, Enteignung, Machtkampf und Entfernung vom Kind auf höchster Ebene. Von den Kosten ganz zu schweigen. Kind 2 ist immer gern zur Schule gegangen. Das war nun vorbei. Hat auch dort keinen Interessiert. Kind 2 war Dauergast auf der Straße. Party, Drogen und Ausbruche aus der Wohngruppe. Selbstverletzung und mentaler breakdown. Wer weiß was noch alles. Ich möchte es gar nicht so genau wissen. Dort in dem Kaff, wo sie dann hinzog. Waren alle Kinder die hier schon weggeholt, gegangen sind. Es verlagerte sich nur der Ort. Wir sind von nun an eine Spießrutenreise durch das deutsche Jugendamtssystem, Kinderpsychiatrien und Kindertherapeuten gegangen. Es kamen Anrufe aus Notaufnahmen, das Kind hatte sämtlich erdenkliche Krankheiten, Verletzungen und psychische Auffälligkeiten. Irgendwann stumpfe ich ab. Hatte es nicht mehr so eilig sofort alles stehen und liegen zu lassen. Lies sie sich ihren Scheiss selber regeln. Lies die Wohngruppe ihre Obhut und Pflicht tun. Wir waren nicht mehr abrufbar wie die Handlanger. Das kam an. Und das war das Beste was ich wohl machen konnte. Ich war wie ferngesteuert. Mein Mann war zuweilen der größte Übeltäter, und Kind 1 war einfach froh das Ruhe einkehrte. Ich habe diese Fahrt mit Sack und Pack plus zwei Kindern im Auto zum Kinderheim nie vergessen. Wie ich dort unbeschadet hin und wieder zurück gekommen bin frage ich mich noch heute. Gut, das Leben hier zu Hause ging weiter. Es wurde ruhiger aber nicht besser. Nun rebellierte Kind 1. Überall vermutete sie Ungleichbehandlung. Bevorzugung durch die Schwester, zu wenig Zeit, zu wenig Aufmerksamkeit und zu unfähige Eltern. Hast du dich als Mutter schon verprügeln lassen? Nein? Tu es auch nicht. Ich habe es nur ansatzweise. Dann war mir das zu viel. Ich hatte eine richtige Prügelei mit Kind 1. Ich brach zusammen. Der Notarzt musste kommen. Ich musste weg. Wohin? Ich hatte keinen Anker oder eine Rettungsboje. Mein zu Haue sollte das sein. Das war ja aber zu einem Spukhaus geworden. Wir rauften uns zusammen. Ich ging mittlerweile schon zur Therapie, weil meine Selbstzweifel, meine Schubladen und deren Inhalte doch zu viel für eine Mutter, eine Frau und einen Menschen wurde. Ich war arbeitsunfähig geworden. Ich konnte kaum noch Auto fahren, ich fraß alles in mich hinein. Ich war ein Schatten, mit großem Wurf, meiner Selbst. Der Sergeant sagte nur immer zu mir: denken Sie dran, es dauert so lange wie es dauert. Und wenn es gute Zeiten sind, dann nutzen Sie diese, solange sie da sind. Natürlich hat sie mich immer darauf vorbereitet irgendwann auch mit der Nachricht konfrontiert zu sein das Kind 2 ein Ende gesetzt hat. Die Drogen waren immer präsent. Ich musste das aussprechen. Ich musste mich darauf vorbereiten. DAS liebe:r Leser:innen kommt mindestens nach dem eigentlichen Tod deines Kindes. Wir arbeiteten an meinem Selbstbewusstsein, an meinem eigenen „ichglaubemir“ Film. Ich lernte mit Stress und solchen Begleiterscheinungen umzugehen. Und ich lernte Dinge zu akzeptieren. Ich kann die Welt nicht retten und schon gar nicht die Welt anderer. Ich kann auch nicht die Welt meiner eigenen Kinder retten, es ist ihre Welt. Ich darf nein sagen, ich darf auch sagen, wenn mir etwas zu viel wird. Ich darf auch etwas scheiße finden und ich darf auch meine Kinder scheiße und gemein finden. Und ich bin nicht für Benehmen, Nichtbenehmen und Handlungen anderer verantwortlich.

Mein Kind zog dann noch 2 mal um. Mit 18 Jahren zeigte sie dann allen das sie genug hatte und wurde selbständig. Erst nur holperig und mit Schwierigkeiten, aber letztlich hat es geklappt. Wir haben nie den Kontakt verloren und waren immer für sie da. Wir begleiteten sie überall hin, jede Klinik und jeder Therapeut. Ich wurde nicht müde meine Pflicht zu erfüllen. Als gute Mutter. Und bisweilen war ich echt nicht mehr im Stande den Sinn dahinter zu verstehen. Unser Verhältnis ist heute wieder ok. Mein Vertrauen ist ein Stückchen zurückgekommen, Meine Angst um sie und ihre Dämonen nicht! Ich habe nach wie vor Angst, weil sie ihre Sorgen und Erfahrung nie aufgearbeitet hat und diese sie wieder einholen können.  Denn, kein Kind, kein Ehemann, schönes Haus oder guter Job schützt dich vor deiner Vergangenheit. Das ist eine Weisheit die ich belegen kann!

Unsere Töchter sind heute ein gutes Team. Sie haben sich arrangiert und sind wieder vereint. Auch ich werde integriert und dar ein Teil der Harmonie sein, was mich sehr stolz und glücklich macht. Danke dafür meine Lieben!

i’m fine by know – somedays

Veröffentlicht von mo/me

Ich, geboren Melanie, genannt Melly, gelebt Morti. Such dir etwas aus. Das tue ich auch, je nach Stimmung und meinem Gegenüber. Mein Geburtsjahr ist ´74. Ich habe bald geburtstag, welcher mir noch nie wichtig war und ich diese Aufmerksamkeit und das "alle schauen auf mich und wollen mit mir sprechen" gar nicht steht. Ich schreibe diesen Blog weil ich mir helfen will, dir vielleicht ja auch! Aktuell komme ich nicht gut klar mit den Gedanken und Gefühlen , die nicht im Einklang sind mit meinem Gedächtnisverlust. Der wiederum ist, so sagen es die Fachprofis und einige sehr enge Menschen die mir mehr glaube als ich mir selbst, aus einer frühkindlichen Traumatisierung entstanden. Ich kann es dir nicht sagen, da mein Gehirn mir diese Erinnerungen nicht preis gibt. DAVON wiederum, kann ich druchaus den ein oder andern Tag verrückt werden. Bin ich bisher aber nur 1x so richtig, da bin ich dann ein paar Jahr zu einer Therapeutin gerannt, die mich wieder erträglich gemacht hat. Also für mich, für andere war ich das wohl immer. Die Schauspielschule meines Lebens hat schon immer gute Dienste geleistet. Du verstehst nur Bahnhof? Ok, dann lies einfach ab und an meinen Blog, vielleicht wird es besser, vielleicht lustiger, ab und an auch traurig und sicher auch gefährlich für Meschen mit ACHTUNG TRIGGER Missbrauchserlebnissen, Gewalterlebnissen, Extremsituationen und Depressionen. Willkommen in meiner Welt. Mo

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