Ich habe ja geschrieben das ich mehr Zeit und Worte benötige um meine Vermutung loszulassen. Die Vermutung warum meine Schwestern und ich irgendwie zusammenfinden. Es fing im letzten Jahr an: Krebs 1.0 zog ein und ich fühlte mich verpflichtet den Frauen der Familie diese Selbstverantwortung aufzuerlegen. Irgendeine Frau macht nun einmal den Anfang. Von dem Tag habe auch ich einen Powerboost gestartet. Naja, eigentlich vom Tag der Diagnose. Mir war klar das ich in nächster Zeit keine Kraft für Familienscheiss haben werde. Sie bemühten sich und waren EHRLICH interessiert und hilfsbereit. Ok, ich will nicht übertreiben. Sie waren mehr als sonst. Ich war aber auch mehr als sonst: mehr zerbrechlich, mehr zutraulich, mehr hilfesuchend und mehr ich? Oder überhaupt mal ich? Keine Ahnung liebe:r Lerer:in.
Und weil ich gerade den Superwomendress an hatte, habe ich meiner Mutter voller Mut mitgeteilt das ich 1. Kein Sterbenswörtchen mehr von meinem Peinigerarsch hören will und 2. Das ich mich mit meinen Schwestern treffe und wir miteinander reden. Das hatte zur Folge das meine Mutter nun nicht mehr zwischen ihnen und mir interagieren kann. Bis heute! Und wenn ich mich mit irgendwem aus diesem Frauenclan treffe (oder gar wir alle gleichzeitig 🤪) habe ich weniger Angst. Ich fühle mich gleich, genauso und dazugehörig. Ich habe mich immer so gewehrt, ein Teil dieser schweren Gene zu sein, aber letztlich lässt es sich nicht leugnen.
Sie, also meine Mutter, ist nicht mehr die Weide mit den riesen Wurzeln und umherflatternden Armen. Sie kann keine Peitschenhiebe mehr verteilen. Sie hat an Kraft und Energie verloren. Und nein, ich meine damit nicht das „meine Mama“ sein. Das bleibt sie. Ich glaube ich bin gewachsen und auf meine Füsse gefallen – nicht auf die Knie! Das ist ein schönes Gefühl, das möchte ich nicht wieder loslassen.
Aber zurück zu diesem Tag
Ich habe heute
- Verschlafen
- Zu wilde Piercingkunden gehabt
- Zu wenig Kaffee getrunken
- Kein schönes Mittagessen bekommen – ich habe mir nichts bereitet
- Einen 5k Lauf semitoll absolviert
- Fast geweint vor übermannter Emotionen- das habe ich Gott sei dank wieder im Griff.
- Meinen Mann wieder versetzt – Sozialkontakte und viel zu spät dran
- Junkfood gegessen- hat nicht geschmeckt
- Ein heisses Bad genommen- seit der Bestrahlung ist mir immer so kalt
- Mein VaG_na versorgt – wir sind keine guten Freunde mehr seit Tamoxifen
- Und diesen Beitrag verfasst!
Am Donnerstag gehe ich mit meiner besseren Hälfte zu einer „Impressionen-Depressionen- Austellung“ und freue mich sehr darauf. Vielleicht bringt es mehr Licht in meine Tunneltage. Für ihn, mich zu fühlen und verstehen können.
Damit kann ich sagen, es war ok. Es ist immer ok.
I’m fine!